Was zum Himmel ist eine paradoxe Veränderung?
Technisch geantwortet: Ein zentrales „Wirk-Element“ der Gestalt-Therapie nach Fritz Perls. Die Kernaussage lautet:
„Veränderung geschieht, wenn jemand wird, was er ist, nicht, wenn er versucht etwas zu werden, das er nicht ist…“
Als Begründer der Idee wird Arnold Beisser benannt, der als Sportler und Therapeut mit 25 Jahren an Kinderlähmung erkrankte, dann Monate gelähmt in einer „Eisernen Lunge“ verbrachte und seine Erfahrungen, seinen Umgang mit der Situation und seine weitere Lebensgestaltung in dem Buch „Wozu brauche ich Flügel“ verarbeitet hat.
Paradoxe Veränderung meint, dass echte Veränderung nicht durch direkte willentliche Anstrengung erreicht wird, sondern durch vollständige Akzeptanz und Präsenz im gegenwärtigen Moment.
Das Paradoxon betont, dass Authentizität – das vollständige Annehmen der eigenen Realität – der Schlüssel zur Transformation (einem grundlegenden Wandel der Form) ist.
Handeln durch Nicht-Handeln/ oder unser „indirektes Handeln als Ideal vollkommenen Handelns stellt die im Westen vorherrschende Fixierung auf Zielorientierung infrage.
Veränderung wird nicht erzwungen, sondern taucht auf (emergiert) aus der Tiefenintegration des Gegenwärtigen.
Unglaublich, oder? Durch Nicht-Tun zu etwas kommen…
Ich schwärme mal weiter… keine Absicht, kein Begehren… das klingt einfacher, als es ist!
Goethe lässt im Faust seinen Mephisto sagen: „Zwar ist es leicht, doch das Leichte ist schwer.“
Und es ist weder einordbar, noch wiederholbar. Durch die Tür des Nicht-Tuns, Nicht-Wollens betritt man ein neues Land mit anderen Regeln…
Positiv beschrieben: Eher ein schwebendes, staunendes aus der Zeit fallendes Nicht-Wissen.

Aber es ist viel mehr als banale Kalender- oder Küchen-Psychologie…
Die Annahme einer Situation, mit dem, was ist, ist kein Trick! Es bedeutet sich vollständig und so liebevoll zuzuwenden, dass für einen Wunsch nach Veränderung kein Raum mehr ist.
Es ist überhaupt keine Frage mehr, ob sich jemand/ etwas verändert…verändern sollte.
Es ist die Aufforderung sich seines Tuns bewusst zu sein, ohne sich zu bewerten oder zu regulieren…
Wahrzunehmen, was ganz natürlich entsteht oder entstehen will… und das ist oft vorher undenk- bzw. unplanbar.
Änderungen finden vom unbewussten „Selbst“ statt… für Menschen aus einer „Schaffenskultur“ durchaus eine anspruchsvolle Idee, oder?
Ist der Mensch in sich nicht aufgespalten (in etwas, das verändern will bzw. verändert werden soll), so verändert er sich ständig im dynamischen Austausch mit der Umwelt. Das beschreibt vielleicht sowas wie organische Entwicklung…
Danke für das Lesen meiner Worte.
Herzlichst
Ihr
Jürgen Weist