Das Selbst… eine merkwürdige Sache, oder?

Ich fange mal mit der guten Nachricht an:

Wir alle kennen unser Selbst. Zumindest tendenziell. Wir kennen dieses Gefühl noch aus Kindertagen. Als wir uns noch mit allem verbunden fühlten. Dann passierte uns das Leben, wir wurden ein Ich und haben dieses tragende (Selbst)Gefühl mehr und mehr vergessen oder verlernt…

Wir wurden wer (ein Ich), das jetzt mit Wissen, Anpassung und Können beschäftigt war.

Aber es bleibt da irgendwie eine Ahnung, eine leise Erinnerung oder ein leichtes Mangelgefühl im Sinne von: Ist das wirklich schon alles? Und gerade die eher nicht so guten Tage könnten richtungsweisende Stolpersteine sein.

Wozu? Jesus meinte dazu lapidar:
„Wenn ihr ins Himmelreich wollt, dann müsst ihr wieder werden wie die Kinder…“ (oder so ähnlich).

Nun, meine Interpretation davon: Als gereiftes Ich dürfen wir wieder – anders – an die Entwicklungstür klopfen. Mit dem (wieder) in Kontakt kommen, dass wir mehr als Ich sind…

Warum ist das eigentlich so leicht und zugleich schwer?

Profan gesagt:
Weil das Ich-Bewusstsein der (noch?) vorherrschende Modus ist. Warum anders als die anderen sein, das schafft doch nur Diskrepanzen, oder?

Und weil das Ich-Lied so intensiv und laut in der Gesellschaft gesungen wird… oft sogar in paradoxer Weise: Sei besonders – aber dabei bleibe bitte normal.

Als Warnung zum „Finger-davon-lassen“: Wenn Sie wirklich Sie selbst werden, dann werden Sie besonders, aber auf individuelle Art. Der große Analytiker C.G. Jung sprach nicht zu Unrecht von Individuation…

Ein weiterer Aspekt könnte sein:
Wir haben uns so sehr an uns als Ich gewöhnt. Und warum eine tragende Gewohnheit einfach aufgeben?
Gerade wenn wir uns da mit soviel Aufwand „eingerichtet“ haben. Da scheinen leichte Anpassungen energetisch eher passend zu sein. Warum noch mehr anstrengen, ist doch alles anspruchsvoll genug. 

Alle, die einmal von dem Konzept der „Heldenreise“ gehört haben, wissen, wovon ich andeutungsweise zu reden versuche.

Falscher (Denk)Fehler:

Denn man selbst werden, hat weniger mit Anstrengung, als denn mit Lassen zu tun. Aber, wie gesagt, zu lassen ist zwar leicht, aber eben nicht einfach. Das ist ein bisschen wie Umziehen. Wir räumen aus und beim Einpacken überlegen wir vielleicht, ob ich das ein oder andere wirklich noch brauche. 

Dieser Übergang oder Umzug mit dem (Los)lassen gewohnter Aspekte, an denen wir mit viel Gefühl hängen, macht diesen Übergang u.a. so anspruchsvoll. Manchmal scheint es mir, als zöge ich um, ohne Gewissheit im Hinblick auf die neue Wohnung zu haben… da bleibe ich doch lieber beim Gewohnten, oder?😉

Und… falls ich Sie nicht schon genügend abgeschreckt habe, jetzt der missratene Versuch mit Worten das Selbst zu beschreiben:

„Das Selbst ist, was übrigbleibt, wenn alles, was zur Person gehört, aus dem Ich-Bewusstsein entfernt wurde. Stilles, waches Gewahrsein, ohne jegliches Bemühen.
Man empfindet nicht mehr – sondern lauscht.
Man denkt nicht mehr – sondern man schweigt.
Man will nicht mehr – man lässt geschehen.“

Ach, bevor ich es vergesse… für alle, die jetzt vielleicht aus der Kurve geflogen sind:

Ich und selbst (so meine Theorie) brauchen einander. Sie sind getrennt verbunden. In der Quantenphysik nennt man diese enorme Wechselwirkung Verschränkung.

Danke für das Lesen meiner Worte. Vielleicht konnte ich ja mit meinem Text ein ganz klein wenig mehr die Lust auf „Selbstwerdung“ in Ihnen entfachen…

Herzlichst
Ihr
Jürgen Weist