Dem Leben vertrauen…

Will man lernen, dem Leben zu vertrauen, so macht es vielleicht erst einmal Sinn, ein Bewusstsein dafür zu entwickeln, wie sich Misstrauen ausdrücken kann.

Als Stichworte dazu… wer dem Leben misstraut,

  • dessen Leben ist vorrangig von Angst geprägt (die meist unbewusst ist),

  • der erlebt demzufolge viel Unsicherheit und Spannungen,

  • für den gibt es Bereiche, die er unbedingt kontrollieren und im Griff haben muss,

  • der hat so seine Schwierigkeiten mit Bindung und Nähe,

  • dem ist Besitz ziemlich wichtig bis hin zur Gier,

  • der sieht sich und andere zum Teil als Objekte (die möglichst „richtig“ zu sein haben – sonst droht Ablehnung),

  • der kann eine ziemliche Härte und Strenge anderen und sich selbst gegenüber an den Tag legen,

  • der ringt öfter mit einer pessimistischen Lebenseinstellung,

  • der zeigt meist ein übermäßiges Bedürfnis nach Sicherheit,

  • in dessen Alltag zeigen sich Aggressionen (Schmerztransport) und Depressionen,

  • der spielt oft das Kulturspiel von Konkurrenz, Wettbewerb und des gegeneinander Kämpfens.

Trifft bei aller Selbstehrlichkeit keiner oder nur wenige dieser Aspekte zu, so kann man davon ausgehen, dass es kein oder wenig Misstrauen gibt – was aber noch nicht unbedingt heißen muss, dass dann Vertrauen vorherrscht.

Was ist oder wie könnte man Vertrauen ins Leben beschreiben?

Auch dazu ein paar Stichpunkte:

  • Hingabe oder: Ich gebe mich ins Leben hinein, halte nichts (an Leben) zurück,

  • ein totales Vertrauen darauf, dass das, was passiert, in einem (anderen) Zusammenhang Sinn macht,

  • reichlich Momente, wo man, trotz aller Herausforderungen, das Leben als etwas Großartiges empfindet,

  • der Glaube an sich selbst und in die eigenen Fähigkeiten (wie groß oder klein diese auch sein mögen),

  • ein ausreichendes Selbstwertgefühl und Liebesfähigkeit (in Bindungen zu anderen Menschen),

  • da ist eine natürliche, nur schwer erschütterbare Würde verbunden mit tiefem Selbstrespekt,

  • die Gewissheit, dass es gut ist, dass man existiert (jenseits jeder Begründung und Leistung),

  • das unerschütterliche Gefühl, ich gehöre dazu…

Und so als ganz persönliche Vertrauens-Metapher:

Vielleicht geht es auch um eine Art Lebensgefühl, dass etwas Größeres, Umfassenderes oder wie auch immer einen trägt. Dass man in etwas eingebettet, von etwas umgeben ist. In dem das eigene Handeln vielleicht wie Schwimmzüge in einem größeren Schwimmbecken sind.

Dieses gewisse Etwas trägt mich, aber ich darf das Meine zum „Getragenwerden“ beitragen…

Gleichzeitig wirkt unser Handeln auf dieses gewisse „Um uns herum“ zurück.

Bleibe ich ruhig und damit in Kontakt, so trägt es mich. Bewege ich mich hektisch, so kann ich (aufgrund des selbst erzeugten Wellenganges) darin untergehen.

Die grundlegende, wiederholte Erfahrung, dass es mich trägt (oder tragen kann), selbst wenn ich mal für Momente untergehe oder Wasser schlucke, nenne ich Vertrauen ins Leben.

Danke.

Herzlichst
Ihr
Jürgen Weist