Veränderung – das Spiel zwischen innen und außen, zwischen Stabilität und Instabilität

Wer kennt es nicht aus seinem Leben? Entwicklung kann man – vereinfacht – als einen Prozess beschreiben, bei dem andauernd etwas erreicht wird, um das Erreichte, kaum hat man es erreicht, schon wieder loslassen darf, um weiteres zu erreichen (Goethes: Stirb und werde oder in den Worten Rilkes: Was sich ins Bleiben verschließt, schon ist´s das Erstarrte).

Man lernt z.B. Neues kennen, probiert aus und pflegt dann das Neue ins bekannte Leben mit ein. Diese Phasen von Aufbruch, Neuland erobern und danach dieses Neue quasi eingemeinden. Die aufregende Zeit des Aufbruchs zu neuen Ufern erleben die meisten Menschen eher als bewegliche (instabile) Qualität auf die meist eine Zeit der Konsolidierung, der Stabilität (der Ruhe) folgt.

Betrachtet man das durch systemische Augen, so werden die Zeiten von Stabilität als sogenannte Alpha-Zustände und die der beginnenden Bewegung als Beta-Zustände bezeichnet. Idealerweise wechseln diese Phasen in natürlichen Perioden (wie ein- und ausatmen) ab. Auf dieser Ebene ist es interessant, inwieweit man „mitgeht“. Kann man sich, wenn sich eine Betaphase ankündigt, anpassen und so an der Entwicklung (evolutionären Verlauf) dranbleiben oder hält man fest, bis es kaum noch geht und rutscht in einen krisenhaften revolutionären Verlauf.

In der Kampfkunst Aikido, die wir betreiben, gibt es die Aussage: „Schmerz entsteht, wenn du nicht der Bewegung des Lebens folgst.“ Fazit hier: Bleiben Sie in Kontakt. Be(ob)achten Sie die sich abzeichnenden Bewegungen. Synchronisieren Sie sich mit Entwicklungen. Fragen Sie sich: Welchen (emotionalen/ mentalen) Aufforderungscharakter hat das Ganze für mich?

Eine zweite Erlebnisschicht, die wir alle auch irgendwie schon einmal kennengelernt haben, ist das Spiel von innen und außen. Oder das Spiel von Distanz und Nähe. Gerade fällt mir auf, dass beide Polaritäten (Stabilität-Instabilität und Nähe und Distanz) auch den sogenannten „Rieman-Kriterien“ in Sachen Angst entsprechen. Das nur als Nebenbemerkung… zurück zu innen und außen.

Diese Spielebene ist nichts anderes, als etwas (gedanklich) differenzierend nach außen zu legen, es genau zu erkennen, um es dann in einem nächsten Schritt (gefühlt) wieder ins Gesamtsystem (an einen guten Platz) einzubinden. Ken Wilber nennt dies das Wechselspiel von Transzendenz und Einbeziehen.

Beispiel: Immer, wenn ich eine bestimmte Person treffe, bekomme ich ein mulmiges Gefühl. Ich nehme mir Zeit, versuche zu klären, was ist das für ein Gefühl? Dann wird mir klar, es könnte Wut sein. Ich nehme diese Wut dankbar an, gebe diesem Gefühl Raum und versuche beim nächsten Treffen darauf zu achten, was genau mich wütend macht.

Beide Erlebnisqualitäten …Lust auf Neues und dann wieder das Bedürfnis nach Gewohntem als auch das Spiel von Innen und Außen gestalten vielleicht ganz grundlegend den Umgang mit Veränderungen. Oder: Je bewusster ich diese Ebenen surfen kann, desto weniger Angst oder Stress macht mir Veränderung …
Probieren Sie es aus … Theorie ruft die Geister, doch erst Übung macht den Meister!