Wahrheit oder Mythos?

Die eigene Berufung finden …kaum ein Thema ist so von Erwartungen überfrachtet. Bedeutet es doch für viele die Lösung ihrer Alltagsleiden. Ich höre immer wieder Aussagen, wie: Dann finde ich Erfüllung, fühle mich gut, bin erfolgreich usw. Nicht, dass dies völlig falsch wäre, aber …

… meine Vermutung: Wenn man die Berufung wegen der Effekte sucht, so wird sie gerade deshalb im Verborgenen bleiben … Wer will schon gerne benutzt werden?

Diesen Gedanken habe ich schon früher mal formuliert. Das gilt auch für die Eingangsfrage, die letztlich irrelevant ist. Ob es Berufung wirklich gibt oder sie nur ein Mythos ist, ist letztlich „gleich-gültig“, wenn die Idee der Berufung oder Bestimmung hilfreich fürs Leben ist. Dieser Meinung ist übrigens auch James Hillmann, der Mythenforscher …

Heute möchte ich den Finger in folgende Wunde legen:

Burschikos formuliert heißt die Hypothese … Das Ich-Bewusstsein ist der natürliche Feind der Berufung. Was meine ich damit? Warum sehe ich das so?

Einfach formuliert, weil dieses Bewusstsein relativ eng ist und sein Lieblingsspielplatz der persönliche Selbsterhalt, das Hinbekommen des Alltags ist. Nicht, dass dies falsch wäre …, aber wenn man ausschließlich auf den Selbsterhalt fixiert ist, was soll man dann mit sowas wie Berufung?

Es sei denn …ja, es sei denn, sie wäre hilfreich beim Selbsterhalt. Eben genau da beißt sich die berühmte Katze in den noch berühmteren Schwanz. Ich halte es für einen unauflösbaren Widerspruch, die eigene Berufung für besseren Selbsterhalt nutzen zu wollen. So gesucht, ist es fast so, als würde man mit geschlossenen Augen genau hinschauen wollen.

Was nach unseren Erfahrungen tatsächlich funktioniert, ist ein „Weicherwerden“ gegen sich selbst, oder intellektueller formuliert: Bewusstseinserweiterung. Und das ist meist anspruchsvoll, bedarf es doch, um die Person zu werden, die man sein könnte, der doppelten Bestätigung im eigenen Seelenmuster.

Seelenmuster? Was könnte denn das sein? Wie findet man das? Der Autor des „Kleinen Prinzen“ Antoine de Saint-Exupéry hat seine Antwort poetisch formuliert:

Man sieht nur mit dem Herzen gut … das Wesentliche ist für die Augen unsichtbar.

Ich freue mich schon jetzt auf Ihre Meinungen und ergänzenden Hinweise und ggf. auch Widersprüche. Schreiben mir einfach eine Mail. Wenn es mir möglich ist, antworte ich auf Ihre Nachricht.

In diesem herzhaften Sinne


Ihr
Jürgen Weist