Warum sind Versagen und Aufgeben eigentlich so unbeliebt?

Nun, auf diese Frage gibt es vermutlich diverse Antworten. Ich möchte mich auf ein/ zwei Aspekte beschränken.
Psychologisch naheliegend ist ja, dass in einer profit- und wachstumsorientierten „Leistungsgesellschaft“ alles das, was möglicherweise an Themen wie Funktionieren, Ergebnissen und Leistung knabbert, nicht gern gesehen wird.

Mir fallen da neben Versagen und Aufgeben auch noch Aspekte wie Hilflosigkeit, Unlust, Inkompetenz usw. ein…

Also alle die Aspekte auf der polaren Gegenseite des Bevorzugten.

Schon das weist gewissermaßen auf eine undichte Stelle innerhalb dieser einseitigen Überzeugungen hin. Was meine ich damit?
Schlichte Fragen wie:

  • Was hat Durchhalten mit Aufgeben zu tun?
  • Oder wie gut kann jemand durchhalten, dem das Aufgeben quasi genommen wird?

Ja, man könnte sogar aus den genannten Begriffen paradoxe Fragen entwickeln:

  • Wenn mir das Aufgeben versagt wird (oder ich mir versage) oder ich das Versagen aufgebe, welche QUALitäten entfaltet dies auf Dauer?
  • Oder noch spitzer: Wenn ich mir das Versagen versage oder die Möglichkeit des Aufgebens aufgebe, was bleibt (mir) dann noch?

Und übrigens: Das sind viel mehr als nur Wortspiele…

Als Nebenbemerkung:
Dies ist kein Plädoyer gegen Leistung, Freude an der derselben und auch keine Entschuldigungs-Laudatio für „Couchpotatoes“. Womit ich ein Problem habe, ist, wenn etwas ausgeschlossen wird, man könnte sagen, ihm die Zugehörigkeit zum Gesamten entzogen oder diese eingeschränkt wird.

Auch der zweite Aspekt wirkt vielleicht auf den ersten Blick profan. Der Fisch schwimmt im Wasser und nach einigen Jahren bemerkt er es nicht einmal mehr bewusst. Es ist halt gewohnte Umgebung. Will sagen oder besser fragen:

  • Inwieweit sind denn die kulturellen und gesellschaftlichen Werte in Übereinstimmung mit Ihren persönlichen Grundwerten?
  • Oder hat das Wasser, das Sie durch Ihre Kiemen atmen, alles schon eingefärbt?

Übereinstimmung oder schlaudeutsch Kohärenz hat viel mit Gesundheit, Zufriedenheit und Sinnerleben (Wohlstand?) zu tun. 

Es soll sogar Menschen geben, die nicht mehr wirklich mit ihren intrinsischen Werten in Kontakt sind. Sowas hat nach meiner Erfahrung gravierende Folgen…

Also, worauf will ich eigentlich hinaus? Worauf möchte ich hinweisen? Wozu sensibilisieren?

Achten Sie darauf, wenn jemand oder etwas nicht sein darf. Je mehr etwas (generell) abqualifiziert wird, desto achtsamer oder aufmerksamer sollten Sie werden!
Wann immer sowas passiert, stellen Sie sich ausgleichend bitte die heutige Coachingfrage:

Wo und wann würde den Qualitäten wie „Aufgeben“ und „Versagen“ ganz hervorragend (hin) passen?

Und … na klar gibt es in jeder Kultur (System) einen vorherrschenden Resonanzmodus, einen aktuellen Wertekanon. Ich empfehle damit einen sehr einfühlsamen, achtsamen Umgang… aber das ist ein anderes komplexes Thema. 😉

Danke für das Lesen meiner Worte.

Herzlichst
Ihr
Jürgen Weist