Was sind schräge Beziehungen und wie damit umgehen?

Menschen geraten an für sie emotional berührende Punkte, werden eng, spannen sich an und diese Qualität färbt Kommunikation und Verhalten ein.

Man könnte sie auch toxische oder destruktive Beziehungen nennen.
Oft kann man auch den Versuch beobachten, einen erlebten Schmerz (auf andere hin) zu transportieren. Eine sehr platte Phänomen-Beschreibung wäre: Mir geht es schlecht und wenn ich es schaffe, dass es Dir schlecht geht – dann geht es mir gleich wieder besser. Auch wenn es gefühlt oft zweitklassige Erfolge mit Nebenwirkungen sind.

Wer kennt nicht Familienfeiern, man freut sich sogar drauf, aber nach einer gewissen Zeit schlüpfen die Themen unter dem Teppich hervor und schwupps, bricht der ein oder andere (bekannte) Konflikt vom Zaune. Oder man verliebt sich und nach einiger Zeit verliert sich der rosarote Blick auf das Gegenüber und ratzfatz ist die Zahnbürste plötzlich ein Problem. Von außen draufgeschaut könnte man den Eindruck haben, es darf nur nicht zu gut werden oder paradox: Es ist nur wirklich gut, wenn es (auch wieder) schlecht geht.

Kennen Sie das?

Oder ein anderes Phänomen zu schrägen Beziehungen wäre: Lieb´ mich, akzeptier´ mich, aber bitte nach meinen Bedingungen. Viele von uns halten das wirkliche pralle Leben nicht wirklich aus und sorgen dann bewusst und unbewusst dafür, dass es auf ein für uns erträgliches Maß reduziert wird. In seiner gesteigerten Form führt dieses Muster sogar dazu, dass ich das bekämpfe, was ich selbst nicht mehr (haben) kann …
z.B. Wilhelm Reich sprach zu seinen Lebzeiten sehr drastisch davon.

Was sind mögliche Ursachen für das Ganze?

Wie auch oft schon an anderer Stelle erwähnt, möglicherweise Lernprägungen, wo wir uns (teilweise) selbst verleugnen mussten, um Zuwendung und Zugehörigkeit nicht zu verlieren. Ein wenig ketzerisch würden wir nachschieben, dass Gesellschaft an sich auch nicht an der Individuation (dem Wachstum) der Menschen interessiert ist, sondern vorrangig an deren Funktion.

Was sind Ideen zum Umgang damit?

  • Unangenehm gut ist die Reflektion: Sind (meine) Interaktionen eher trennender oder verbindender Natur?

  • Entwickeln Sie ein Gefühl für „Spannungsgefüge“. Spannung ist oft ein untrüglicher Indikator (Anzeiger) für Enge (ggf. Angst). Beschäftigen Sie sich mit Ihrem Eu-Tonus (Wohlgefühl). Nehmen Sie wahr, wann sich dieser einstellt und/ oder verändert. Das ist ganz pragmatisch „Mitgefühl“ mit sich selbst …

  • Und so ganz generell … trauen Sie Ihrem Gefühl, wenn es „schräge Beziehungsformen“ anzeigt. In uns selbst und wenn andere uns versuchen „anzustecken“. Alles in allem vielleicht auch noch ein guter Grund darüber nachzusinnen, wofür sind Sie offen und wo macht es Sinn, sich abzugrenzen?

Entwickeln Sie feine Bewusstseinsantennen für solche kruden Beziehungsformen. Sie tun uns nicht gut, aber anderseits kann man auf dem Spielfeld schräger Beziehungen viel über konstruktive, aufbauende und wertschätzende Beziehungen lernen.

Und da wir immer üben… gutes Üben.

Herzlichst

Ihr
Jürgen Weist