Wie kann ich meinen inneren Frieden bewahren?

Ich mag das Wortbild der friedvollen Kriegerin oder des friedvollen Kriegers. Darunter verstehe ich Menschen, die angesichts von Herausforderungen einerseits außergewöhnlich lange die innere Gelassenheit bewahren können und so andererseits in kritischen Situationen außergewöhnlich ausgleichend wirken können.

Aber leichter gesagt als getan. Jeder von uns wird Situationen oder Zustände kennen, wo wir auf mehr oder weniger empathische Menschen treffen und damit zu Spielpartner*Innen von „harten Interaktionen“ werden. Gerade in den aktuellen Zeiten, wo relativ viele Menschen überstresst sind, geschieht es oft, dass Menschen erstaunlich heftig, gereizt und aggressiv reagieren. Kennen Sie das auch?

Natürlich reagiert das eigene Gefühl darauf. Beobachtbare Grundreaktionen sind dann, sich

  • über noch heftigeres Verhalten „durchzusetzen“ oder quasi zurückzuziehen. Immer wieder erleben sich Menschen dann in dem Zwist: Entweder schlucke ich das dann, gebe (als der Klügere) nach, merke aber (wenn ich ehrlich bin) im Gefühl, dass ich betroffen bin und irgendwie unzufrieden oder
  • ich bleibe stark, setze mich mit noch mehr Härte und Schärfe durch und der andere ist dann betroffen.

Auch wenn die zweite Alternative sich kurzfristig „wie gewinnen“ anfühlt, bleibt in beiden Fällen ein ungutes Gefühl und zumindest ein Betroffener (mit dem Gefühl „verletzt“ oder gekränkt worden zu sein) ist genervt. Meist leidet auch die Beziehung zueinander, also das Miteinander.

Und auch wenn es sich möglicherweise abgehoben anhört: Ich bin der festen Überzeugung, dass das, was zwischen den Menschen wirkt, auch in jedem einzelnen wiederum eine Wirkung hat. Will sagen: Letztlich geht niemand bereichert aus solchen Begegnungen hervor…

In solchen Situationen ist es gar nicht so einfach, das eigene Innere und gleichzeitig auch das Äußere nicht zu verleugnen (also es sich nicht z.B. gedanklich zurechtzubiegen > z.B. „ach ist ja gar nicht schlimm“ usw.).

Beispiel:
Jemand wird im Gespräch mit Ihnen laut, erhöht die Intensität (wird irgendwie unangemessen) im Ton und vielleicht auch in der Wahl der Worte …

Jetzt kommt es darauf an… wie sehr Sie darin geübt sind, mit emotionalen Reaktionen umzugehen.

  • Können Sie (und wie lange?) den anderen als Menschen sehen, der gerade (warum auch immer) in der Situation zunehmend seine Fassung verliert? Die Fähigkeit und die Dauer, dies zu können, werden über die Art Ihres Verhaltens, Ihrer Antwort entscheiden.
  • Können Sie diesen kleinen Moment der Gesamtsituation (und damit auch dem anderen) zugewandt bleiben, dann könnten Sie beispielsweise nachfragen: „Warum sprichst Du so mit mir?“ „Was passiert jetzt gerade hier?“ Es sind weniger die Worte, sondern das damit verbundene Gefühl … und diese Art von Zuwendung kann weich und kraftvoll zugleich sein. Wie weiches Wasser, das aber kraftvoll strömt. Ich habe gerade mal wieder den Film „Gandhi“ gesehen … ein exzellentes Beispiel dafür, welches Gefühl, welche Haltung ich ausdrücken möchte.

Jetzt die doppelt schlechte Nachricht: Wie jede Fähigkeit darf man „das“ üben …und am besten man springt vorher über den eigenen Schatten. Was meine ich damit? Je mehr Sie lernen, sich selbst Empathie entgegenzubringen, ja sowas wie Selbstmitgefühl (ist etwas völlig anders als Selbstmitleid) zu entwickeln, desto mehr werden Sie zu dem genannten Verhalten in der Lage sein.

Es entsteht, schlaudeutsch formuliert, die postkonventionelle Fähigkeit, sich relativ gut auf das zu beziehen, was tatsächlich gerade stattfindet, sozusagen wirklich ist.

Meine Empfehlung: Diesen Weg einzuschlagen und zu gehen, ist am Anfang wirklich nicht einfach. Aber ich schwöre, er ist zutiefst lohnenswert! Und erst dann kann man konstruktiv dazu beitragen, den Frieden in sich und nachfolgend im Umfeld wirklich zu fördern.

Herzlichst
Ihr
Jürgen Weist