Wie wir das Jetzt ständig verfehlen...

Warum ist das Erleben von „Jetzt“ eigentlich so schwierig? Kindern (jedenfalls bis zu einem gewissen Alter) geht das leicht von der Hand. Gleichzeitig erfahren wir Erwachsenen im Alltag immer mal wieder Situationen, wo wir im Jetzt versinken. Beim Sonnaufgang am Strand, beim Sex, beim gleichförmigen Geräusch einer Bahnfahrt …

Will sagen: Es ist das Natürlichste von der Welt. Aber es geht eben nicht immer. Warum eigentlich (nicht)?

Wahrscheinlich gibt es viele Gründe. Ich möchte Ihnen als Denkanstoß einen für mich zentralen Aspekt anbieten. Ich nenne ihn das Ich-Bewusstsein. Ohne ein solches Bewusstsein geht es im Alltag nicht. Geht mein Erleben jedoch nicht darüber hinaus, dann bin ich überall, nur eben nicht im Jetzt. Selbstvergessenheit, komplett in der Erfahrung aufgehen, Flow usw. sind Beschreibungen für ein Weniger an Ich-Bewusstsein. Das ist kein esoterisches Geschwafel, sondern ein ziemlich anspruchsvoller Hinweis in Sachen Bewusstseinsentwicklung. Schon in den Achtzigern hat der Wissenschaftler Benjamin Libet herausgefunden, dass ca. 0,5 – 0,7 Sekunden vor dem Bewusstwerden einer Handlung im Gehirn eine Bereitschaftsreaktion messbar ist. Umgedreht bedeutet dies, dass das, was wir bewusst erfahren, immer schon Vergangenheit ist, eine halbe bis dreiviertel Sekunde her. Das was wir bewusst erkennen – ist schon eine kleine Ewigkeit her, von unserem Organismus so eingespielt, als wäre es gerade jetzt. Interessant, oder?

Ein paar Fragen für ein Zeithorizont- Update:
Was charakterisiert dann für Sie Erfahrung des Jetzts? Oder eine Annäherung an eine solche Erfahrung? Wie erleben Sie es, wenn das „Ich“ weniger im Weg steht? Oder umgekehrt, wann ist es Ihnen (fast) unmöglich, ins Jetzt zu kommen? Warum der Quatsch? Warum sollte man überhaupt versuchen in die Gegenwart zu kommen?

Sie haben einen Impuls zu diesem Artikel? Schreiben Sie mir einfach eine Nachricht. Danke.

 

Ihr

Jürgen Weist